Das deutsche Bildungssystem „Die bessere Option“ – Vorteile und Nachteile

Afrodeutsch

Das deutsche Bildungssystem „Die bessere Option“ – Vorteile und Nachteile

Das deutsche Bildungssystem unter­scheidet sich sehr stark von dem in diversen afrikanischen Ländern. Von vielen Menschen mit Migrationshin­tergrund hört man, dass die Bildung im Ausland, auch hier in Deutschland, so viel besser wäre und viel mehr Möglichkeiten für höhere Qualifika­tionen bieten würde. Doch stimmt das wirklich?

Werden den deutschen Schülern wirklich eine höhere Anzahl an Möglichkeiten geboten? Werden sie ausreichend gut auf ihr bevor­stehendes Berufsleben vorbereitet? Hat das deutsche Bildungssystem nur Vorteile oder auch mögliche Nachteile?

Damit man die Vorteile und Nachteile des deutschen Bildungssystems er­läutern kann, muss man zunächst den Aufbau dessen darstellen. Das deutsche Bildungssystem ist in vier beziehungsweise fünf Stufen ein­geteilt:

Primärbereich
(Grundschule, 4 Jahre) Sekundärbereich I: ( Gymnasium, Stadtteilschule, 6 Jahre) Sekundärbereich II: ( gymnasiale Oberstufe, berufsbildende Schule, 2 bis drei Jahre)

Tertiärbereich
Hochschulen, Fach­schulen, Fachakademien, Berufsakad­emien, 3-5 Jahre)

Quartiärbereich
Private beziehungs­weise berufliche Weiterbildung nach der Berufsausbildung)

Hierbei sind alle deutschen Schülerin­nen und Schüler dazu verpflichtet, die erste und zweite Stufe zu besuchen. Jedoch bieten die Besuche der weit­eren Stufen höhere Qualifikationen. Außerdem gibt es vor dem Primär­bereich noch die Möglichkeit in den Kindergarten (2 bis 5 Jahre) zu gehen und die Vorschule (1 Jahr) zu be­suchen, wobei diese auch schon in Kindergärten mit eingebunden wird.

Nun werde ich auf die Vorteile des deutschen Bildungssystems eingehen, wobei ich hauptsächlich auf das Ham­burger Schulsystem eingehen werde. Zunächst einmal ist der Großteil der deutschen Ausbildung kostenlos. Dazu gehören der Primärbereich sowie Sekundärbereich I und II. Es ist keinem Bundesland Deutschlands er­laubt Gebühren für den Schulbesuch zu erheben. Dies ist im deutschen Grundgesetz festgelegt. Das heißt, dass Kinder aus wohlhabenden sowie Kinder aus finanzschwachen Familien die gleichen Chancen auf Bildung ha­ben.

Zudem sind die anfallenden Geb­ühren von Fachschulen, Fachakad­emien, Hochschulen und Beruf­sakademien im Vergleich zu anderen Ländern, wie zum Beispiel den Sta­aten, relativ günstig. Auch die Geb­ühren von Kindergärten und anderen Arten der frühkindlichen Bildung sind auf das jeweilige Einkommen der Familien angepasst und stellen somit kein finanzielles Problem dar. Des weiteren sind alle (Hamburger) Grundschulen und weiterführen­de Schulen seit dem letzten Jahr dazu verpflichtet eine Ganztags­betreuung (GBS) für alle Schüler­innen und Schüler anzubieten. Dazu gehört das Mittagessen (hi­erfür fallen Gebühren an, allerd­ings erhalten Familien mit finanziellen Problemen einen Rabatt) und die kostenlose Betreuung (Hausaufgabenhilfe, veschiedene Kurse). So müssen sich Eltern, die lange arbe­iten, keine Sorgen um das frühe Abholen ihrer Kinder nach der Schule machen, da die Kinder betreut werden. Auch hier sind finanzschwache Familien nicht benachteiligt, da das Angebot nicht kostenpflichtig ist.

Außerdem bietet das deutsche Schulsystem Vielfältigkeit. Es werden, insbesondere im Sekundärbereich I und II, eine große Anzahl an Schulfächern unterrichtet, wobei jeder Schultag verschieden lang und verschiedene Schulfächer hat. Zu den Schulfächern gehören die drei obligatorischen Hauptfächer Mathe, Deutsch und Englisch, eine zweite obligatorische Fremdsprache (Französisch, Spanisch, Latein), naturwissenschaftliche Fächer (Biologie, Natur und Technik, Chemie, Physik), gesellschaftliche Fächer (Geschichte, Politik), Sport, Religion beziehungsweise Philosophie und viele andere. Vor allem im Sekundärbere­ich II gibt es viele Wahlpflichtbereiche: Darstellendes Spiel / Musik / Kunst, Pädagogik / Psychologie / / Wirtschaftsen­glisch / Rechtskunde und viele mehr.

Durch die Vielfältigkeit und die eigene Wahl der Wahlp­flichtsfächer wird jeder Schülerin und jedem Schüler Freiheit geboten und die Möglichkeit die individuellen In­teressen zu stützen. Allerdings werden die wichtigsten oblig­atorischen Hauptfächer damit jedoch nicht vernachlässigt. Gespräche über die Lernentwicklung der Kinder wie die regelmäßigen Lernentwickungsgespräche, kurz LEG, (bis Klasse 10) bieten den Austausch zwischen Schüler, Lehrer und Erziehungsberechtigten. Zusammen werden realis­tische Lernziele festgelegt. Durch Austausche wie die LEGs aber auch Elternabende, die übrigens alle obligatorisch sind, werden Schüler bei Problemen in der Schule nicht alleine gelassen, sondern werden von Eltern und Lehrern bei der Suche nach einer Lösung der Probleme unterstützt.

Auch die Stärkung der Klassengemeinschaften wird im deutschen Bildungssystem nicht ausgenommen. Meist werden alle zwei bis drei Jahre Klassenreisen veranstaltet, in denen sich die Schülerinnen und Schüler besser kennen­lernen und von klein auf lernen auf sich selbst zu achten. Im Normalfall finden diese in der ersten, dritten, fünften und achten Klasse statt, wobei in der zehnten Klasse die Abschlussfahrt und in der zwölften Klasse die Profilfahrt stattfindet.

Es gibt noch viele, weitere Vorteile der deutschen Bildung, doch nun werde ich zunächst auf ihre Nachteile eingehen, da sie auch viele Kritiker hat.

Ganz allgemein ist im Sekundärbereich I und II die Ein­teilung der Schülerinnen und Schüler in drei Schulfor­men nicht vorteilhaft, da ihnen somit nicht die gleichen Möglichkeiten geboten werden. Auch wenn es innerhalb der Schülerschaft oftmals Leistungsunterschiede gibt, soll­te dies kein Anlass dazu sein, schwächere Schüler von dem Besuch des Gymnasiums und ihrer Vorbereitung auf das Abitur, welches für den Besuch einer Hochschule relevant ist, auszuschließen. Denn jede Schülerin und jeder Schüler kann sich noch im Laufe seiner Schullaufbahn entwickeln und verbessern.

Wie bereits erwähnt ist für den Besuch einer Hochschule das Abitur eine Pflicht. Noch wichtiger ist hierbei jedoch der Schnitt. Kein 1,3? Auch kein 1,5? 1,7? - Dann gibt auch nicht den gewünschten Studiengang! Vor allem hier in Hamburg ist der sogenannte Numerus Clausus (NC) sehr hoch, weshalb die Mehrheit der Abiturienten in anderen Städten mit einem niedrigeren NC studieren und folglich umziehen müssen.

Auch ein Nachteil des Abiturs ist, dass es nicht in allen Bundesländern einheitlich ist. Beispielsweise hat ein Münchener Abitur einen höheren Wert als ein Hamburg­er Abitur, da grundsätzlich das bayrische Schulsystem

strenger und anspruchsvoller ist. Demnach sind Hamburg­er Schüler gegenüber Münchener Schüler benachteiligt.

Ein anderer Nachteil ist die Abschaffung des Sitzen­bleibens. Schüler bleiben wie vor einigen Jahren nicht mehr sitzen, sondern bekommen meist eine kostenlose Nachhilfe, welche in den häufigsten Fällen von der Schule selbst bereitgestellt wird. Da Schüler oftmals mangel­hafte Noten in ihren Nachhilfefächern haben, hilft auch keine kostenlose, nicht private Nachhilfe. In manchen Fäl­len tendieren Schüler der 10. Klasse meist genau wegen ihren Schwierigkeiten und der meist nicht helfenden Na­chhilfe dazu, die Schule abzubrechen.

Ein Nachteil, der Grundschule betreffend, ist die frühe Benotung, welche oftmals schon in der dritten Klasse beginnt. In der dritten Klasse sind die Schülerinnen und Schüler erst zwischen dem Alter von 8 bis 9 Jahren und können demnach noch nicht das Notensystem vollständig nachvollziehen. Auch würde dies den Leistungsdruck stei­gern, was sogar zu einer negativen Einstellung bezüglich dem Schulbesuch führen könnte.

Zuletzt ist noch das frühe Einschulungsalter nicht vorteil­haft für die Kinder. Vor allem Eltern üben diesbezüglich Kritik aus, da Kinder durch die frühe Einschulung mit 6 Jahren schon einem Leistungsdruck unterliegen würden und mental noch nicht für ihre Schullaufbahn wären. Auch zu den Nachteilen gibt es noch viele, weitere Beispiele. Ich persönlich denke, dass das deutsche Bil­dungssystem im Vergleich zu den anderer Länder relativ gut ist, da es für jedes Kind die Bildung ermöglicht. Fakt ist jedoch, dass Deutschland, insbesondere der Norden des Landes, deutlich schwächere Ergebnisse vorweist als andere Länder. Möglicherweise ist unser System doch zu einfach und bietet zu viele Möglichkeiten, so dass Schüler weniger lernen und genau wegen der hohen Anzahl an offenstehenden Türen nicht wissen sollen, welche sie öffnen sollen. Alles in allem erfüllt das deut­sche Bildungssystem jedoch alle Grundvoraussetzungen.

Tizita Getie Gelaye -/Studentin